Jens H. Liebchen, 2011/03/13 Tsukuba-Narita
Jens H. Liebchen
2011/03/13 Tsukuba-Narita
Spector Books, Leipzig, Mai 2011, Halbleinen, Erstausgabe 500, signiert
Jens H. Liebchen
Spector Books, Leipzig, Mai 2011, Halbleinen, Erstausgabe 500, signiert
Jens H. Liebchen
Spector Books, Leipzig, Mai 2011, Halbleinen, Erstausgabe 500, signiert
Photografien und Konzept: Jens Liebchen
Text: Christoph Schaden
mit Einladungskarte zur Ausstellungseröffnung am 09.06.2011
"I left Japan two days after the quake. The situation was unclear. Information from Japanese and Western media differed to a great extent. The bus from Narita left on time, as usual."
Am zweiten Tag nach der Katastrophe in Japan verlässt Jens Liebchen sein Haus in Tsukuba, um den Flughafen Narita außerhalb von Tokio zu erreichen. Der Titel markiert den rund 50 Kilometer weiten Weg der eineinhalbstündigen Fahrt. Die 80 Aufnahmen geben in chronologischer Abfolge den Blick aus dem Fenster in der Art eines 'Road Movie' wieder: Verkehrswege, Wohnhäuser, Vorgärten, Landschaften, industrielle Bauten und leere Parkplätze. Es ist ein sonniger Morgen. Die Bilder zeigen die charakteristische Struktur der Gegend, doch nur vereinzelt sind Menschen an gewöhnlich belebten Orten zu sehen, Tankstellen sind verwaist und abgesperrt. An einigen Hausdächern sind Spuren des Erdbebens sichtbar. Ignoriert der morgendliche Jogger die Situation oder wohin läuft er? Trug die Frau an der Kreuzung im Alltag zuvor auch einen Mundschutz? Die Bilder werfen Fragen auf, statt Vorstellungen zu bestätigen. Mit suchenden Augen wird beim Betrachten von TSUKUBA–NARITA 2011/03/13 das aktive 'Lesen' von Fotografien erfahrbar. Alltägliche Szenerien und Objekte werden mit Bedeutung aufgeladen, Schilder und Werbung erhalten zusätzliche Konnotationen. So verweist uns ein überdimensionaler pinker Golfball nicht mehr allein auf das Freizeitangebot, er wird zu einem schrillen Symbol der Erdkugel, welches an die Auswirkungen und die globale Wahrnehmung der Erdbeben-Tsunami-Atomkatastrophe und die unterschiedliche mediale Berichterstattung denken lässt. Es sind direkte, dokumentierende Fotografien, die jedoch nichts beweisen oder korrigieren wollen. Vielmehr hat Jens Liebchen eine Bilderserie von vielschichtiger Bedeutung geschaffen, die mit subtiler Wirkung die Eindeutigkeit sichtbarer Zeichen in Fotografien in Frage stellt und die Macht kontextabhängiger Bedeutung thematisiert.
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