Gerhard Richter, 18. Oktober 1977
Gerhard Richter
18. Oktober 1977
Erstausgabe 1989
Gerhard Richter
Erschienen anläßlich der gleichnamigen Ausstellung im Museum Haus Esters Krefeld und im Portikus Frankfurt/M.
Mit Textbeiträgen von Benjamin H. D. Buchloh, Stefan Germer und Gerhard Storck
Leineneinband, Erstausgabe 1989, Verlag der Buchhandlung Walther König, gut erhalten
24,3 x 29,6 cm, 59 Seiten mit zahlreichen s/w Abbildungen
Der Zyklus besteht aus 15 Bildern, die nach Polizei- und Pressefotos in dumpfen Grautönen als Grisaillemalerei in Öl angelegt sind, die Konturen wurden verwischt. Ihr Thema ist der Terrorismus der Rote Armee Fraktion (RAF), der die Bundesrepublik zehn Jahre lang in Atem hielt. Entstanden ist der Zyklus 1988, im zehnjährigen Abstand zu den Ereignissen. Aus den Hunderten von gesichteten Fotos wählte er zwölf Motive aus, die er zunächst zu 18 Gemälden verarbeitete, von denen er jedoch drei wieder ausschied.
Auf den Ölgemälden sind Ulrike Meinhof, Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Holger Meins dargestellt, aber die Personen sind weder durch ihre Gesichtszüge noch anhand der Bildtitel leicht zu identifizieren. Die Verwischungen der Bildmotive sind unterschiedlich stark; allein Meinhof und Ensslin sind wegen der geringeren Verwischung zu erkennen, die anderen Personen erst im Vergleich mit den Ausgangsfotos. Die Titel der Bilder sind unpersönlich gehalten: Jugendbildnis, Tote (Triptychon), Gegenüberstellung (Triptychon), Erhängte, Erschossener (1), Erschossener (2), Plattenspieler, Zelle, Festnahme (Diptychon), Beerdigung.
Die geringste Verwischung zeigt das Jugendbildnis, das die junge Ulrike Meinhof darstellt.
„Kein zweites Bild zeigt seine Figur in dieser Klarheit. [...] Zwar ahnungsvoll, aber doch unbelastet jugendlich wirkt der Blick der jungen Ulrike Meinhof, die aus dem sie umfassenden Schwarz des Hintergrunds in den Betrachterraum schaut. Zeitlich den übrigen Motiven vorausliegend, signalisert der Blick träumerische Zuversicht. Wie in keinem zweiten Bild setzt sich die Figur gegen die Textur der Verwischung durch und signalisiert einen Rest an Unmittelbarkeit; eine Direktheit, die der Zyklus als Ganzes in seiner Thematisierung medialer Vermitteltheit von Geschichte negiert.“
– Martin Henatsch, Gerhard Richter. 18. Oktober 1977, Das verwischte Bild der Geschichte, S. 74.
Relativ klar zu erkennen ist auch der Plattenspieler. Er nimmt eine Sonderrolle in dem Zyklus ein. Mit aufgelegtem Tonarm scheint er einen Moment der Stille zu fixieren, tatsächlich aber ist er der "Katalysator für den tragischen Ausgang der Geschichte";[2] denn in ihm war die Pistole Baaders versteckt, und links vom Apparat befinden sich die Kabel, die Ensslin als tödliche Schlinge dienten.
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